Dunkelflaute

Dies ist die Antwort auf einen kurzen Twitter-Disput, für die ich jetzt doch ein paar Zeichen mehr brauche. Argumentation war – sehr grob vereinfacht – dass man mit regenerativen Energiequellen nicht weit kommt, weil die bei Dunkelflaute nichts liefern.

Der Begriff Dunkelflaute

Schon von dem Begriff „Dunkelflaute“ halte ich nicht viel. Er kommt aus einer Ecke, die seit vielen Jahren die Energiewende sabotiert, mit schwachen Argumenten, aber hohem Erfolg (was so ein wenig finanzielle Zuwendung an Parteien und einzelne Politiker nicht alles bewirken kann…).

Formal gesehen ist es zutreffend, dass bei Dunkelheit und Flaute die beiden Hauptsäulen der Energiewende, nämlich Photovoltaik und Wind, nichts liefern. Dennoch geht der Begriff am eigentlichen Problem vorbei: Eine Flaute nachts im Hochsommer ist kein Problem: Die Nächte sind kurz, die Tage sind lang, der Verbrauch mitten in der Nacht gering, das bekommt man mit der Grunderzeugung durch z.B. Laufwasserkraftwerke in Kombination mit (Pump-) Speicherkraftwerke problemlos hin. Wenn am nächsten Tag wieder die Sonne knallt, kann man recht problemlos die Speicher etwas leerer fahren.

Das Problem nennt man besser Winterflaute. Im Winter bringt Photovoltaik ohnehin deutlich weniger, die Tage sind kurz, die Nächte sind lang, wenn jetzt auch noch Wind nichts liefert, sieht es mau aus. Völlig egal, ob es gerade dunkel ist oder nicht.

Gut gemeint

Das Problem der „real existierenden Energiewende“ ist, dass sie von der einen Seite ohnehin sabotiert wird, und von der anderen Seite, politisch primär bei Bündnis 90 / die Grünen verortet, vor allem „gut gemeint“ voran getrieben wird – und „gut gemeint“ ist üblicherweise das Gegenteil von „gut gemacht“. Im konkreten Fall: Es wurde der Fokus auf die Erzeugung gelegt, Themen wie Speicherung, Netze, Verbrauchsanpassung wurden bestenfalls stiefmütterlich behandelt.

Schauen wir uns kurz mal an, was man hätte alles tun können / sollen / müssen (neben noch drölfzig anderen Details):

Biogas

Biogas ist bereits jetzt ein Bestandteil der Energiewende und wird in der Regel lokal und kontinuierlich verstromt. Das halte ich für keine optimale Idee. Viel besser wäre es, Biogas (also Methan, chemisch – abgesehen von den Beimengungen – dasselbe wie Erdgas) zu speichern und dann zu verstromen, wenn Photovoltaik und Wind zu wenig liefern. Die Kraftwerte dafür gibt es bereits. Die Pipelines dafür gibt es bereits, zumindest bis zu jedem Ort, jetzt vielleicht nicht bis zu jeder Biogasanlage, aber da ist nicht mehr viel zu verlegen. Die Speicher dafür gibt es auch bereits, wenn auch die Kapazität so oder so noch ausgebaut werden muss.

Theoretisch könnte man auch vor Ort verstromen, aber bitte nicht kontinuierlich, sondern dann, wenn Strom gebraucht wird. Man könnte ja auch vor Ort speichern.

Netze

Eine Flaute gibt es eigentlich nur lokal betrachtet. Es steht öfters mal ein kompletter Windpark still, oder alle Windparks in einem kompletten Bundesland, aber wir haben quasi nie europaweite Flauten. Wir haben jedoch nicht die Netzkapazität, um Windstrom von der Nordseeküste nach Sizilien, Portugal oder Nordnorwegen zu bringen – und umgekehrt. Also muss da ausgebaut werden.

Solange es diese Netze noch nicht gibt, sollte man Windkraftanlagen bei Stromüberschuss nicht abschalten, sondern Wasserstoff erzeugen. Ja, ich kenne das Problem mit dem Wirkungsgrad, und ich plädiere jetzt auch nicht für einen generellen Einsteig in die Wasserstoffwirtschaft. Aber im Vergleich mit einer abgeschalteten Windkraftanlage ist der Wirkungsgrad ziemlich gut. Elektrolyse ist ein vergleichsweise einfaches Verfahren und somit nicht teuer, zumindest dann nicht, wenn man den Wirkungsgrad nicht optimieren muss, weil der Strom ja quasi umsonst ist. Von daher müssen die Anlagen auch nicht dauernd laufen. Möglicherweise wäre es sinnvoll, dann auch gleich den Schritt in Richtung Methan zu gehen und in das bestehende Erdgasnetz einzuspeisen.

Der Markt wird das richten

„Der Markt“ hat derzeit keinen guten Ruf, weil a) immer mal wieder Erwartungen bestehen, die er gar nicht erfüllen kann, und b) die Politik immer mal wieder kräftig rein pfuscht. Der Markt ist jedoch super darin, Angebot und Nachfrage mittels Preis weitgehend in Einklang zu bringen. (Von Sonderfällen wie dem Arbeitsmarkt mal abgesehen.)

Um was brauchen wir bei der Energiewende: Wir müssen Angebot (Erzeugung) und Nachfrage (Verbrauch) in Einklang bringen. Dafür gibt es nichts Effektivieres als den Preis – allerdings kein Pauschalpreis für die kWh, egal wann und wo, sondern einen Preis, der die aktuelle Marktsituation wiederspiegelt. Erhebliche Teile der Verbrauchs sind verlegbar, gerade auch deswegen, weil die meteorologische Situation recht gut prognostizierbar ist.

Ja, da muss man auf die Energiewirtschaft aufpassen, damit die bei der Gelegenheit nicht gnadenlos den Verbraucher über den Tisch zieht. Ja, da muss auch das Thema Datenschutz mitgedacht werden. Aber das sind lösbare Probleme. Und die Preisoptimierung bekommen die Geräte dann auch selbst hin, da muss niemand händisch die Waschmaschine einschalten.

Das ist jetzt nicht nur ein Thema für Privathaushalte, sondern gerade auch für den gewerblichen Bereich. Ja, es gibt Dinge, die brauchen permanent ihre Energieversorgung, weil sonst etwas kaputt geht. Aber es gibt vieles anderes, was auch mal aussetzen kann. Willkürliches Beispiel: Flaschenspülung in der Brauerei. Die Anlage hat vernünftigesweise etwas Kapazitätsreserve, die kann man auch mal drei Tage abschalten, wenn der Strompreis gerade hoch ist, die holt das dann schon wieder auf. Mit etwas Glück kann man die ohnehin nötigen Wartungszeiten auf diese Zeit legen. Oder im Kühlhaus. Wenn absehbar ist, dass demnächst Flaute ist, dann kühlt man noch mal ein paar Grad runter. Auch das ist letztlich ein Energiespeicher.

Elektromobilität

Zudem führt die Umstellung auf Elektromobilität gerade dazu, dass gerade die Menge der Akkukapazität massiv zunimmt. Und meist nur zu einem kleinen Teil genutzt ist, weil der Weg zur Arbeit halt deutlich kürzer ist als das Realreichweite der Stromer. 10 Mio Elektroaustos mit vorsichtig gerechneten 50 kWh Akku-Kapazität, von denen vorsichtig gerechnete 80% nicht am nächsten Tag in Urlaub fahren und daher 20% ihrer Kapazität dem Netz zur Verfügung stellen können. Das mit einem Wirkunsgrad von vorsichtig gerechnet 80% sind 64 GWh. Und wenn man die Wallboxen ohnehin steuerbar machen muss, dann kann man auch easy den Verbrauch da hinschieben, wo man ihn haben möchte.

Der Fahrer konfiguiert dann nur noch seinen Normalbedarf (zur Arbeit und ggf. hinterher zum Einkaufen) und seinen Sonderbedarf (übermorgen will ich in Urlaub, da muss der Akku voll sein), den Rest optimiert die Software – das ist komfortabler, als immer auf die Tankstelle zu schauen, wann denn gerade der Sprit günstig ist. Wichtig ist lediglich, dass der Gewinn aus der Aktion dem Halter der Fahrzeugs zufließt und nicht der Energiewirtschaft.

Kurz

Die Energiewende ist ein Problem des politischen Willens. Technisch ist das alles machbar, auch mit Winterflaute.

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