Über die Funktion eines Verteidigers

Gerade in meiner Timeline: „Wer bitte verteidigt jemanden, der eine Frau die Treppe runtertritt? Arschloch!“

Zunächst einmal: Ob derjenige eben dies getan hat, soll ja der Strafprozess klären. Möglicherweise steht da ja ein Unschuldiger vor Gericht (Verwechslung oder was auch immer) – soll der jetzt unverteidigt bleiben, möglicherweise fälschlicherweise verurteilt werden, nur weil die Tat so abscheulich war? Deutlicher gefragt: Wie würdest Du über diese Frage entscheiden, wenn Du dieser Unschuldige wärst, dem da eine abscheuliche Tat vorgeworfen wird?

Dann aber auch: § 140 StPO regelt, wann die Mitwirkung eines Verteidigers notwendig ist, z.B., wenn dem Angeklagten ein verbrechen zur Last gelegt wird. Hat der Angeklagte keinen gewählten Verteidiger, wird ihm ein Pflichtverteidiger bestellt, anders kann der Prozess nicht stattfinden, anders könnte die Tat auch nie bestraft werden.

Wenn nun wirklich alle mit der nötigen formalen Befähigung „kein Arschloch sein wollen“ und die Verteidigung verweigern (als bestellter Pflichtverteidiger müsste man sich schon ein wenig was einfallen lassen, um das zu erreichen), dann würde der Angeklagte im Endeffekt straffrei ausgehen.

Kurz: Es wäre sinnvoll, sich erst mal über die Funktion eines Verteidigers zu informieren, bevor man darüber ein Urteil fällt.

Ein Gedanke zu „Über die Funktion eines Verteidigers“

  1. Gefühle und Verstand gehen selten Hand in Hand. Starke Gefühle (Emotionen) verhindern die vernünftige Lösung. „Politik machen“ ist im digitalen Zeitalter emotional stärker geworden. Ich kann nicht beobachten, dass sich heute schon rational bessere Ideen durchsetzen können. Das bedeutet, dass ich „die politische Stimmung auf der Straße“ als mehr „emotional gelenkt“ bezeichne, denn als „rational bestimmt“ – .

    Von der Macht der Emotionen macht auch die Minderheit (miss)Gebrauch, die derzeit die Zukunft unserer Welt gestaltet. Es genügen ein paar sehr emotionale Bilder und selbst anständige Menschen ziehen mit Hurra in unanständige militärische Auseinandersetzungen, weil der Militäreinsatz dann von der einzelnen Person nicht mehr in Frage gestellt wird und somit „für alle“ scheinbar „alternativlos“ wird.

    Immer dann, wenn die Stimmung sehr emotional wird, ist die Gefahr der Manipulation sehr groß.
    Die genaue Herkunft der eigene Emotion und die Emotionen der anderen genau zu beobachten, das ist ein guter Schutz vor den ganz dummen Geschichten.

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